12.7.2020: „Begegnung verändert das Leben“ Eine Sinnzeit online

Liebe Leserinnen und Leser, kennen Sie noch aus dem Religionsunterricht die Geschichte von dem kleingewachsenen Mann, der auf einen Baum klettert, damit er Jesus besser sehen kann? Viele Leute sind da. Er kann nicht über die Menge schauen. Deswegen der Baum. Und dann verändert diese Begegnung mit Jesus das Leben des Zachäus vollkommen. Denn Jesus will zu ihm kommen. Will mit ihm reden. Will seine Gastfreundschaft. Gerade seine. Hat Zachäus richtig gehört? Er hat. 

Ich habe dieser Tage einen Text entdeckt, da erzählt Zachäus selbst:

„Eigentlich ist meine Mutter an allem schuld. Sie hat immer gesagt: Zachäus, das Wichtigste im Leben ist ein Beruf, der dir ein sicheres Auskommen beschert. Nie hätte ich gedacht, dass einen ein Beruf derart einsam machen kann. Keine Frau, keine Kinder, keine Freunde. Das tut weh! Was ist schon ein fettes Konto gegen echte Gemeinschaft. Das habe ich aber erst schmerzlich lernen müssen.

Aber nun ist ja sowieso alles anders. Wahnsinn, dass nur eine einzige Begegnung mein Leben so aus den Fugen bringt. Ich hatte gar nicht mehr damit gerechnet, dass ich diesen Fremden noch zu Gesicht kriege, so sehr wie sich alle um ihn gedrängelt haben. Bin extra auf einen Baum geklettert, um ihn vielleicht doch noch sehen zu können. Und auf einmal bleibt der Kerl vor meinem Baum stehen. Sieht mir direkt in die Augen – wann hat das einer zum letzten Mal gemacht? – und sagt: Steig herunter, in deinem Haus will ich Gast sein.

Mit seinem Blick, mit seinen Fragen, mit seinen einladenden Gesten wurde alles anders. Was für ein wunderbares Gefühl ist das, wenn ein Mensch mich wirklich wahrnimmt! Mutter, du hast Unrecht gehabt.

Das Wichtigste im Leben ist, dass ich mich selbst als Mensch erspüre. Und das kann ich durch den Blick eines anderen. Ich fühle mich wie süchtig danach. Davon will ich mehr! Ich will fühlen, dass ich Mensch bin. Das dumme Geld werde ich verteilen, gerade noch so viel behalten, wie ich für mich alleine brauche. Ich werde hinausgehen und Menschen treffen. Ich werde leben.“

Aus: „alles in allem“, 2019. Hamburg, Andere Zeiten e.V., www.anderezeiten.de

Die Bibelgeschichte hat der Evangelist Lukas im 19. Kapitel geschrieben.

Mich bewegt der Text in diesen Wochen und es sind vor allem zwei Fragen, die ich mir stelle:
„Was ist für mich das Wichtigste im Leben?“ und
„In wessen Blick erspüre ich mich selbst als Mensch?“

Ich wünsche Ihnen und mir immer wieder Erlebnisse und Begegnungen, die uns eine Antwort auf diese und andere Fragen geben.

Bleiben Sie gut mit sich unterwegs. Gottes Nähe und Zuversicht möge Sie begleiten.

Ich freue mich zusammen mit Elfriede Schneider auf ein Wiedersehen am 11. Oktober um 18 Uhr in der Pfarrkirche Knetzgau. Möge es sich fügen.

Herzliche Grüße

Johannes Simon

P.S. Herzlichen Dank an den Verein Andere Zeiten in Hamburg für die Erlaubnis den Text von Iris Macke „Zachäus“ hier zu veröffentlichen.